Heft 4/2015 (Juli 2015)

Haager Gerichtsstandsübereinkommen am 1.10.2015 in Kraft

Die Europäische Union ist Mexiko am 11.6.2015 mit der Hinterlegung ihrer Genehmigungsurkunde zum Haager Übereinkommen über Gerichtsstandsvereinbarungen vom 30.6.2005 gefolgt. Nach diesem Schritt kann das Übereinkommen zum 1.10.2015 in Kraft treten und wird zunächst zwischen Mexiko und der Europäischen Union gelten. Weitere Unterzeichnerstaaten sind die USA und Singapur.

Anerkennung und Vollstreckung eines deutschen Schiedsspruchs in den VAE

Probleme im Zusammenhang mit der Anerkennung und Vollstreckung von im Ausland ergangenen Schiedssprüchen waren und sind in den VAE nicht selten. Die Rechtslage hat sich inzwischen dadurch, dass die VAE das New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung aufgrund der Bundesverordnung Nr. 43/2006 ratifiziert haben, geändert. Dem New Yorker Übereinkommen gehören die VAE seit dem 21.8.2006 an.

Erstmals ist 2011 ein ausländischer Schiedsspruch unter Anwendung der Regeln des New Yorker Übereinkommens anerkannt und für vollstreckbar erklärt worden. Seit dieser Entscheidung sind in den VAE mehrfach dementsprechende Urteile ergangen, u.a. im September 2012 in der Sache Airmech v. Macsteel. Es gab, soweit ersichtlich, jedoch ein Urteil des Kassationshofs Dubai in der Sache Construction Company International v. Ministry of Irrigation of the Government of Sudan vom 18.8.2013, durch das die ­Anerkennung eines ausländischen Schiedsspruchs verweigert wurde. Dabei handelt es sich im Zweifel jedoch um einen „Ausreißer“; denn in der Mehrzahl der Fälle ist die Anerkennung angenommen worden.

Dies gilt jetzt auch für einen „deutschen“ Schiedsspruch (Schiedsplatz war Stuttgart) vom 22.7.2011 in der Sache Al Reyami Group v. BIT. Er ist durch einen Einzelschiedsrichter unter der Anwendung der ICC Rules ergangen. Es ging um Ansprüche des Prinzipals auf Schadensersatz aus einem exklusiven Vertragshändlervertrag (exclusive distribution agreement). Der Vertrag enthielt eine Schiedsklausel. Der Kassationshof Dubai entschied durch Urteil vom 23.11.2014 (Gesch.-Z. tamyiz no. 434/2013 tijari), das mir erst jetzt bekannt geworden ist, dass der „Stuttgarter“ Schiedsspruch auf der Grundlage des New Yorker Übereinkommens in den VAE anerkennungs- und vollstre­ckungs­fähig ist und folgt dabei der jetzt überwiegenden Rechtsansicht.

(Mitgeteilt von Prof. Dr. Hilmar Krüger, Köln)

Russland: Jüngste Teilnovelle des Zivilgesetzbuches in Kraft getreten

In acht Blöcke war die große Zivilrechtsreform der Russischen Föderation (RF) aufgeteilt worden, nachdem die Staatsduma das Einheitsprojekt zur Novellierung des Zivilgesetzbuches (ZGB/RF) in erster Lesung am 27.4.2012 (Gesetzentwurf Nr. 47538-6) angenommen hatte (vgl. „Neueste Informationen“, IPRax Hefte 5/2012, 1/2013). Auf dieser Grundlage traten zwischen 2013 und 2015 insgesamt acht Teilnovellen in Kraft (vgl. „Neueste Informationen“, IPRax Hefte 2, 3, 4/2013, 1, < /span>2/2014, 1/2015; desgleichen WiRO 6/2015, S. 172), als jüngste Teilnovelle das seit 1.6.2015 geltende Föderale Gesetz vom 8.3.2015 Nr. 42-FZ „Über die Einführung von Änderungen in den Ersten Teil des Zivilgesetzbuches der Russischen Föderation“. Im Rahmen der Zivilrechtsreform ist lediglich die No vellierung des Sachenrechts noch offen. Das am 1.6.2015 in Kraft getretene Änderungsgesetz betrifft im Wesentlichen den Allgemeinen Teil des Schuldrechts (Abschnitt III, Unterabschnitte 1 und 2 Erster Teil ZGB/RF). Aus den zahlreichen Neuheiten kann an dieser Stelle nur auf einige wenige exemplarisch hingewiesen werden. So werden die Verpflichtungen in alternative und fakultative eingeteilt (Kap. 21, Art. 308.1 i.V.m. Art 320, Art. 308.2 i.V.m. Art 320.1). Bei einer alternativen Verpflichtung kann der Schuldner grundsätzlich aus mindestens zwei vorzunehmenden Handlungen (Unterlassungen) wählen, welche er davon erfüllen will. Als fakultativ gilt eine Verpflichtung, wonach der Schuldner berechtigt ist, die Hauptleistung durch eine andere, nach den Bedingungen der Verpflichtung vorgesehene Erfüllung zu ersetzen. Das Gericht kann einem Gläubiger auf dessen Antrag hin einen Geldbetrag zusprechen, wenn der Schuldner einem Gerichtsakt zur Erfüllung in natura nicht nachkommt (Kap. 21, Art. 308.3). Der neue Art. 309.1 (Kap. 22) ermöglicht Gläubigern eines Schuldners bei gleichartigen Verpflichtungen, unter sich Vereinbarungen über die Reihenfolge deren Befriedigung zu schließen, die jedoch die daran nicht beteiligten Personen, eingeschlossen den Schuldner, nicht binden. Die gerichtliche Herabsetzung einer Vertragsstrafe ist nur noch dann zulässig, wenn deren Höhe im deutlichen ­Missverhältnis zur Pflichtverletzung steht (Kap. 23, Art. 333 Abs. 1). Erstmalig geregelt wurde die unabhängige Garantie als abstraktes Schuldversprechen (Kap. 23, § 6, Art. 368-379), die von Banken und anderen Kreditinstituten (Bankgarantie) wie auch von kommerziellen Organisationen gewährt werden kann. Überarbeitet wurden auch die Allgemeinen Bestimmungen über Verträge (Unterabschnitt 2, Kap. 27), unter anderem
Art. 428 (Beteiligungsvertrag) und Art. 429 (Vorvertrag). Ergänzt wurden in diesem Kapitel die Art. 429.1-429.4, die den Rahmen-, Options- und Abonnementsvertrag zum Gegenstand haben. Vorgeschrieben ist nunmehr die Haftung für die Zusicherung von Umständen. Hiernach ist eine Partei, die beim Abschluss eines Vertrags oder bis zu bzw. nach seinem Abschluss unwahre Angaben über die für dessen Abschluss, Erfüllung oder Beendigung bedeutsamen Umstände macht, der anderen Partei zum Schadensersatz oder zur vertraglich vereinbarten Vertragsstrafe verpflichtet (Art. 431.2). Ebenso neu ist die Regelung über Verhandlungen zum Vertragsabschluss (Kap. 28, Art. 434.1), gemäß der die Parteien sich nach dem Grundsatz von Treu und Glauben verhalten müssen. Treuwidriges Verhalten einer Partei zieht einen Schadensersatzanspruch nach sich. Das oben genannte Änderungsgesetz wurde in folgenden amtlichen Quellen veröffentlicht: Sammlung der Gesetzgebung der RF (SZ RF) vom 9.3.2015 Nr. 10 Pos. 1412; Amtliches Internetportal der Rechtsinformation vom 9.3.2015 – www.pravo. gov.ru; Rossijskaja gazeta vom 13.3.2015 Nr. 52.

(Mitgeteilt von Dipl.-Jur. Christel Mindach, Berlin)

Staatsanleihen und EuGVVO

EuGH 11.6.2015 – verb. Rs. C-226/13, C-245/13, C-247/13 u. C-578/13 – Stefan Fahnenbrock u.a. ./. Hellenische Republik

Art. 1 Abs. 1 EuZustVO ist dahin auszulegen, dass Klagen auf Entschädigung wegen Besitz- und Eigentumsstörung, auf Vertragserfüllung und auf Schadensersatz, wie sie in den Ausgangsverfahren von Privatpersonen, die Staatsanleihen erworben haben, gegen den emittierenden Staat erhoben worden sind, in den Anwendungsbereich der Verordnung fallen, es sei denn, dass sie offenkundig keine Zivil- oder Handelssachen sind.

EuInsVO: Wirkungsbereich von Sekundärinsolvenzverfahren

EuGH 11.6.2015 – Rs. C-649/13 – Comité d’entreprise de Nortel Networks SA u.a.

1. Art. 3 Abs. 2 und Art. 27 EuInsVO sind dahin auszulegen, dass die Gerichte des Mitgliedstaats der Eröffnung eines Sekundärinsolvenzverfahrens alternativ zu den Gerichten des Mitgliedstaats der Eröffnung des Hauptinsolvenzverfahrens zuständig sind, über die Bestimmung der in den Bereich der Wirkungen dieses Sekundärverfahrens fallenden Vermögensgegenstände des Schuldners zu entscheiden.

2. Die Bestimmung der in den Bereich der Wirkungen eines Sekundärinsolvenzverfahrens fallenden Vermögensgegenstände des Schuldners hat nach Maßgabe der Bestimmungen von Art. 2 Buchst. g EuInsVO zu erfolgen.

Click-wrapping-AGB und Gerichtsstandsvereinbarungen

EuGH 21.5.2015 – Rs. C-322/14 – Jaouad El Majdoub ./. Cars­OnTheWeb.Deutschland GmbH

Art. 23 Abs. 2 EuGVVO ist in dem Sinne auszulegen, dass bei einem auf elektronischem Wege geschlossenen Kaufvertrag wie dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden die Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen, die eine Gerichtsstandsvereinbarung enthalten, durch das sogenannte „click wrapping“ eine elektronische Übermittlung, die eine dauerhafte Aufzeichnung dieser Vereinbarung ermöglicht, im Sinne dieser Bestimmung darstellt, wenn dabei das Ausdrucken und Speichern des Textes der Geschäftsbedingungen vor Abschluss des Vertrags ermöglicht wird.

EuGVVO und Kartellschadensersatzklagen gegen Kartellanten: Reichweite von Gerichtsstandsvereinbarungen, fortdauernder Gerichtsstand der Streitgenossenschaft, Deliktsgerichtsstände

EuGH 21.5.2015 – Rs. C-352/13 – Cartel Damage Claims (CDC) Hydrogen Peroxide SA ./. Akzo Nobel NV u.a.

1. Art. 6 Nr. 1 EuGVVO ist dahin auszulegen, dass die in dieser Bestimmung aufgestellte Regel einer Zuständigkeitskonzentration bei einer Mehrzahl von Beklagten anwendbar ist, wenn Unternehmen, die sich örtlich und zeitlich unterschiedlich an einem in einer Entscheidung der Europäischen Kommission festgestellten einheitlichen und fortgesetzten Verstoß gegen das unionsrechtliche Kartellverbot beteiligt haben, als Gesamtschuldner auf Schadensersatz und in diesem Rahmen auf Auskunftserteilung verklagt werden, und dass dies auch dann gilt, wenn der Kläger seine Klage gegen den einzigen im Mitgliedstaat des angerufenen Gerichts ansässigen Mitbeklagten zurückgenommen hat, es sei denn, dass das Bestehen eines kollusiven Zusammenwirkens des Klägers und des genannten Mitbeklagten zu dem Zweck, die Voraussetzungen für die Anwendung der genannten Bestimmung im Zeitpunkt der Klageerhebung künstlich herbeizuführen oder aufrechtzuerhalten, nachgewiesen wird.

2. Art. 5 Nr. 3 EuGVVO ist dahin auszulegen, dass bei einer Klage, mit der von in verschiedenen Mitgliedstaaten ansässigen Beklagten Schadensersatz verlangt wird wegen eines von der Europäischen Kommission festgestellten, in mehreren Mitgliedstaaten unter unterschiedlicher örtlicher und zeitlicher Beteiligung der Beklagten begangenen einheitlichen und fortgesetzten Verstoßes gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2.5.1992, das schädigende Ereignis in Bezug auf jeden einzelnen angeblichen Geschädigten eingetreten ist und jeder von ihnen gemäß Art. 5 Nr. 3 EuGVVO entweder bei dem Gericht des Orts klagen kann, an dem das betreffende Kartell definitiv gegründet oder gegebenenfalls eine spezifische Absprache getroffen wurde, die für sich allein als das ursächliche Geschehen für den behaupteten Schaden bestimmt werden kann, oder bei dem Gericht des Orts, an dem er seinen Sitz hat.

3. Art. 23 Abs. 1 EuGVVO ist dahin auszulegen, dass er es bei Schadensersatzklagen wegen Verstoßes gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2.5.1992 zulässt, in Lieferverträgen enthaltene Gerichtsstandsklauseln auch dann zu berücksichtigen, wenn dies zur Derogation eines nach Art. 5 Nr. 3 und/oder Art. 6 Nr. 1 der genannten Verordnung international zuständigen Gerichts führt, sofern sich diese Klauseln auf Streitigkeiten aus Haftung wegen einer Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht beziehen.

EuGVVO: Anerkennung von anti suit injunctions betreffend Schiedssprüche

EuGH 13.5.2015 – Rs. C-536/13 – Gazprom OAO ./. Republik Litauen

Die EuGVVO ist dahin auszulegen, dass sie einem Gericht eines Mitgliedstaats die Anerkennung und Vollstreckung oder die Versagung der Anerkennung und Vollstreckung in Bezug auf einen Schiedsspruch, der es einer Partei untersagt, bei einem Gericht dieses Mitgliedstaats bestimmte Anträge zu stellen, nicht verwehrt, da diese Verordnung nicht die Anerkennung und Vollstreckung eines Schiedsspruchs in einem Mitgliedstaat regelt, der von einem Schiedsgericht in einem anderen Mitgliedstaat erlassen worden ist.

Anwendungsbereich des Art. 13 EuInsVO

EuGH 16.4.2015 – Rs. C-557/13 – Hermann Lutz ./. Elke Bäuerle

1. Art. 13 EuInsVO ist dahin auszulegen, dass er anwendbar ist, wenn die von einem Insolvenzverwalter angefochtene Auszahlung eines vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens gepfändeten Geldbetrags erst nach Eröffnung dieses Verfahrens erfolgt ist.

2. Art. 13 EuInsVO ist dahin auszulegen, dass die in dieser Vorschrift enthaltene Ausnahmeregelung auch die Verjährungs-, Anfechtungs- und Ausschlussfristen erfasst, die nach dem Recht vorgesehen sind, das für die vom Insolvenzverwalter angefochtene Rechtshandlung gilt.

3. Die Formvorschriften für die Erhebung einer Insolvenzanfechtungsklage richten sich im Hinblick auf die Anwendung von Art. 13 EuInsVO nach dem Recht, das für die vom Insolvenzverwalter angefochtene Rechtshandlung gilt.

Rom III-VO und religiöse Privatscheidung

Vorabentscheidungsersuchen des OLG München an den EuGH vom 2.6.2015 – 34 Wx 146/14

Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist der Anwendungsbereich nach Art. 1 Rom III-VO auch für die sogenannte Privatscheidung – hier: vor einem geistlichen Gerichtshof in Syrien aufgrund der Scharia – eröffnet?

2. Falls die Frage 1 bejaht wird:

a) Ist im Fall der Prüfung der innerstaatlichen Anerkennungsfähigkeit einer Ehescheidung auch Art. 10 Rom III-VO anzuwenden?

b) Falls die Frage a) bejaht wird:

(1) Ist abstrakt auf einen Vergleich abzustellen, wonach das Recht des angerufenen Staates einen Zugang zur Ehescheidung zwar auch dem anderen Ehegatten gewährt, diese aufgrund seiner Geschlechtszugehörigkeit aber an andere verfahrensrechtliche und materielle Voraussetzungen knüpft wie [sic] an den Zugang des einen Ehegatten,

oder

(2) ist die Geltung der Norm davon abhängig, dass die Anwendung der [sic] abstrakt diskriminierenden ausländischen Rechts auch im Einzelfall – konkret – diskriminiert?

c) Falls die Frage b) (2) bejaht wird:

Ist ein Einvernehmen des diskriminierten Ehegatten mit der Ehescheidung – auch in der Form der gebilligten Entgegennahme von Ausgleichsleistungen – bereits ein Grund, die Norm nicht anzuwenden?

Öffentliche Lasten als dingliche Rechte i.S. von Art. 5 Abs. 1 EuInsVO

Vorabentscheidungsersuchen des BGH an den EuGH vom 12.3.2015 – V ZB 41/14

Erfasst der Begriff des dinglichen Rechts gemäß Art. 5 Abs. 1 EuInsVO eine nationale Regelung, wie sie in § 12 des Grundsteuergesetzes i.V.m. § 77 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung enthalten ist, wonach Grundsteuerforderungen kraft Gesetzes als öffentliche Last auf dem Grundstück ruhen und der Eigentümer insoweit die Zwangsvollstreckung in den Grundbesitz dulden muss?

Pauschaler Zugewinnausgleich bei Ehebeendigung durch Tod eines Ehegatten
(§ 1371 Abs. 1 BGB) ist güterrechtlich zu qualifizieren

BGH 13.5.2015 – IV ZB 30/14

Der pauschale Zugewinnausgleich nach § 1371 Abs. 1 BGB ist im Sinne der Art. 15, 25 EGBGB rein güterrechtlich zu qualifizieren.

Kein Verfahrensbeistand in Vollstre­ckungs- und Anerkennungsverfahren nach der EuEheVO

BGH 8.4.2015 – XII ZB 148/14

1. Im Verfahren auf Anerkennung bzw. Vollstreckbarerklärung einer Entscheidung nach der EuEheVO ist kein Verfahrensbeistand zu bestellen.

2. Handelt es sich bei der anzuerkennenden Entscheidung um eine einstweilige Anordnung zum Sorgerecht, steht der Umstand, dass das Ausgangsgericht dem Kind keinen Verfahrensbeistand bestellt hat, einer Anerkennung bzw. Vollstreckbar-
erklärung grundsätzlich nicht entgegen.

Art. 23 EuGVVO: Gerichtsstandsklauseln in CISG-Kaufverträgen: Vertretungs- und Formfragen

BGH 25.3.2015 – VIII ZR 125/14

1. Art. 23 EuGVVO regelt nicht die Frage einer Stellvertretung bei den der Einigung über den Gerichtsstand zugrunde liegenden Willenserklärungen sowie einer Heilung von Vertretungsmängeln. Insoweit ist vielmehr auf das nach dem Internationalen Privatrecht des Forums maßgebliche materielle Recht zurückzugreifen.

2. Gerichtsstandsklauseln in Kaufverträgen, die dem Geltungsbereich des CISG unterfallen, beurteilen sich ungeachtet ihrer klarstellenden Erwähnung in Art. 19 Abs. 3, Art. 81 Abs. 1 Satz 2 CISG hinsichtlich der Anforderungen an ihr wirksames Zustandekommen nicht nach den Bestimmungen des Übereinkommens, sondern gemäß Art. 4 Satz 2 CISG nach dem dafür maßgeblichen Recht des Forumstaates. Das gilt neben dem Einigungserfordernis auch für die über diejenigen des Übereinkommens teilweise hinausgehenden prozessrechtlichen (Schriftform-)Vorgaben des Art. 23 EuGVVO.

3. Für das Vorhandensein einer die Schriftform gemäß Art. 23 Abs. 1 Satz 3 Buchst. b EuGVVO ersetzenden Gepflogenheit kommt es bei Gerichtsstandsvereinbarungen nicht entscheidend darauf an, wie die Vertragsschlüsse im Einzelnen ausgesehen haben. Entscheidend ist vielmehr die mit einem hohen Maß an Beständigkeit über einen längeren Zeitraum hinweg praktizierte Willensübereinstimmung der Vertragsparteien, die auf eine solche Vereinbarung abzielende Klausel über die laufende Geschäftsbeziehung hinweg in die zwischen ihnen geschlossenen Verträge einzubeziehen.

Ausübung des obligatorischen Vorkaufsrechts als dinglich i. S. von Art. 22 Nr. 1 EuGVVO a.F. (Art. 24 Nr. 1 EuGVVO n.F.)?

BGH 19.3.2015 – V ZB 158/14

Dingliche Klage im Sinne von Art. 22 Nr. 1 EuGVVO a.F.
(= Art. 24 Nr. 1 EuGVVO n.F.) ist nicht nur ein Streit über die wirksame Ausübung des Vorkaufsrechts als eine der Voraussetzungen für das Entstehen des Erwerbsanspruchs, sondern auch ein Streit darüber, welche Regelungen in dem Kaufvertrag mit dem Dritten nach § 464 Abs. 2, § 465 BGB oder vergleichbaren Vorschriften anderer Rechtsordnungen Inhalt des Kaufvertrags zwischen dem Verkäufer und dem Vorkaufsberechtigten geworden sind.

Revisibilität von örtlicher und internationaler Zuständigkeit

BGH 17.3.2015 – VI ZR 11/14

§ 513 Abs. 2 ZPO und § 545 Abs. 2 ZPO finden Anwendung, wenn die Frage der örtlichen Zuständigkeit des Erstgerichts nicht von denselben Voraussetzungen abhängt, die für die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte maßgebend sind.

(Mitgeteilt von RiOLG Dr. Jörg Dilger, Karlsruhe/Köln)

Eingriffsnormen im UrhG

BGH 24.9.2014 – I ZR 35/11

1. Ein Vertrag zwischen einem in Deutschland ansässigen Fotografen und einer Gesellschaft mit Sitz in Frankreich über die Fertigung von Lichtbildern eines in Frankreich belegenen Hotels weist grundsätzlich die engeren Verbindungen im Sinne von Art. 28 Abs. 5 EGBGB zu Frankreich auf.

2. § 31 Abs. 5 UrhG zählt nicht zu den im Sinne von Art. 34 EGBGB zwingenden Bestimmungen, die einen Sachverhalt mit Auslandsberührung ohne Rücksicht auf das jeweilige Vertragsstatut regeln.

Anknüpfungszeitpunkt bei § 23 ZPO und internationale Zuständigkeit

OLG München 29.4.2015 – 7 U 185/15

1. Für die Beurteilung der Frage, ob der im Ausland ansässige Beklagte inländisches Vermögen im Sinne des § 23 ZPO hat, kommt es zunächst auf den Zeitpunkt der Klageerhebung an. Für die Begründung der internationalen Zuständigkeit reicht es aber aus, wenn der Beklagte bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung inländisches Vermögen erwirbt.

2. Unter den Begriff des Vermögens im Sinn des § 23 ZPO fallen nur gegenwärtige vorhandene geldwerte Gegenstände, nicht aber künftige Rechte und erst recht nicht bloße Erwartungen über künftiges vermögensrelevantes Verhalten von Prozessparteien.

3. Beruft der Kläger sich darauf, das Vermögen des Beklagten im Sinne des § 23 ZPO bestehe in einer Beteiligung an einer inländischen Gesellschaft, so hat er die Werthaltigkeit dieser Beteiligung in einer substantiierten, dem Beweis zugänglichen Art und Weise vorzutragen.

Ehescheidung bei ausländischen Ehegatten mit Inlandsaufenthalt

OLG Jena 28.4.2015 – 1 UF 669/14

1. Da beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben, sind – unabhängig von ihrer Staats-
angehörigkeit – die deutschen Gerichte nach Art. 3 Abs. 1a EuEheVO zuständig.

2. Haben die Ehegatten keine Rechtswahl getroffen, ist gemäß Art. 8 Buchstabe a Rom III-VO auf den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt abzustellen, so dass deutsches Recht auf das Ehescheidungsverfahren Anwendung findet.

3. Dass auf die Folgesache Versorgungsausgleich deutsches Recht anzuwenden ist, folgt aus Art. 17 Abs. 3 Satz 1 EGBGB.

Gesamtvollstreckung in Schiffe

AG Hamburg 3.3.2015 – 67a IN 400/14

Das Insolvenzgericht kann die Einstellung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, die ein Schiff betreffen, auch dann nicht anordnen, wenn sich dieses in ausländischen Gewässern befindet.

(Mitgeteilt von Prof. Dr. Peter Mankowski, Hamburg)

Asymmetrische Gerichtsstandsklausel im unternehmerischen Rechtsverkehr

Cour de cassation 25.3.2015 – n° 13-27264

Zur Wirksamkeit einer asymmetrischen Gerichtsstandsklausel zwischen einem französischen Unternehmen und einer schweizerischen Bank (Art. 23 LugÜ).

Ausländisches Konkursdekret und schweizerisches Recht

Schweiz. BGer 27.3.2015 – 5A_248/2014

Zur Anerkennung eines ausländischen Konkursdekrets.

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